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2021/2/19/10:07 | Text: L3P3: Ja, kann man so sehen.

Das vergangene Jahr war wohl nur für die wenigsten ein besonders leichtes. Es gibt viele Geschichten zu erzählen. Doch heute haben wir die besondere Ehre, mit dem Betreiber dieser Seite zu sprechen. L3P3, kann man Sie eigentlich als "Herr P3" ansprechen?

Das fängt ja gut an! Natürlich kann man das. Jeder kann mich ansprechen, wie er will. Auch auf "Hey Arschloch" werde ich antworten. Ich halte persönlich wenig von solchen Formeln. Mich ehrt es nicht, als "Herr" angesprochen zu werden und ich wüsste auch nicht, warum es das sollte. Aber eines haben Sie gut erkannt: Mein Vorname ist tatsächlich L3 und mein Nachname P3, also so in etwa.

Kommen wir gleich zum Thema: Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf Ihr Leben? Und wie sieht es bei anderen aus, Ihrer Meinung nach?

Ich kann schwer einschätzen, wie es bei anderen aussieht, also werde ich zunächst kurz beschreiben, wie es bei mir aussieht, ja? Ich bin nun seit bald 2 Jahren in einer Ausbildung, für die ich viel am Rechner sitze. Diese Tätigkeit ist ideal dafür, zuhause zu bleiben. Ich finde es ganz schick, später aufstehen zu müssen, und ich kann ja sogar vom Bett aus arbeiten. Und die Umwelt wird etwas geschont durch weniger Transportaufwand. Heimarbeit möchte ich definitiv für mehrere Tage die Woche fortsetzen, auch nach der Pandemie. Ich vermisse aber eindeutig am meisten, nach Hamburg zu fahren. Das war schon vor mehreren Monaten, als ich das letzte Mal dort war. Also die Fahrt machte mir Spaß (ich liebe es, mit der Bahn zu fahren), der Tapetenwechsel durch das Sitzen im Büro und besonders das leckere Mittagessen, welches ich mir in Hamburg aus großer Auswahl kaufen konnte.

Wie gut können Sie denn von zuhause arbeiten?

Das hängt sehr von der Arbeit ab. An meinen eigenen Projekten arbeite ich ja schon seit immer zuhause. Also seitdem ich fähig bin, zu arbeiten. Also wenn wir LEGO als Arbeit bezeichnen möchten. Egal. Wenn ich an einem Thema interessiert bin, kann ich viele Stunden konzentriert daran arbeiten und habe mich immer wieder selbst überrascht, wie gut ich das dann hinbekommen habe. Für Schule und Ausbildung muss ich jedoch auch (aber nicht nur) Sachen machen, die mein Schweinehund nicht tun will. Und gegen den bin ich bisher leider ziemlich machtlos gewesen. Hausaufgaben habe ich am meisten gehasst an der Schule. Jetzt besteht mein Wochentag quasi nur aus Hausaufgaben. Entsprechend schwierig ist es für mich, mich zu gewissen Arbeiten zu zwingen.

Welche Arbeiten fallen Ihnen denn zum Beispiel leicht und welche schwer?

Theoretisch fällt mir alles leicht und fehlende Motivation ist mein einziges Hindernis. Motivation habe ich besonders für grundlegende Informatik und Mathematik. Wenn ich etwas kompliziertes selbst konzipieren und entwickeln soll, motiviert mich der Gedanke, dass viele andere das nicht so gut könnten wie ich. Ja, klingt blöd, aber genau so funktioniere ich. Soll ich mich aber zum Beispiel bei Magento einarbeiten, welches das Grundgerüst für viele Online-Shops ist, fällt es mir schwer, da ich von vielen Leuten umgeben bin, die viel mehr Erfahrung darin haben, als ich. In der Phase, in der ich noch nicht der beste darin bin, werde ich mich täglich wie ein Verlierer fühlen, wenn andere besser sind als ich.

Aber das ist doch übertrieben. Es gibt doch nicht nur Verlierer und Gewinner!

Ich weiß! Ich weiß! Ich stehe ja auch ganz offen dazu, dass ich da etwas gestört bin. Ich bekomme starke Selbstzweifel und Bauchschmerzen in bestimmten Situationen. Meine Lösung ist in der Regel, diesen Situationen aus dem Weg zu gehen. Also konkret: Ich habe gern mit Leuten zu tun, die entweder weniger Ahnung oder andere Spezialgebiete haben als ich. Das klappt auf Dauer nicht, da sie irgendwann aufholen werden und mich die anderen Spezialgebiete irgendwann auch interessieren und wieder das Konkurrenzdenken einsetzt.

Wieder zum ursprünglichen Thema: Welche Arbeiten machen Sie denn nun gern und welche nicht?

Ich möchte vorher nochmal kurz klarstellen, dass ich beim vorherigem Thema Fortschritte mache. Meine wenigen Freunde und Bekannte sind in der Regel sehr intelligent und/oder gebildet. Mein nach wie vor bester Freund war nicht nur viel, viel besser als ich in der Schule, sondern studiert momentan auch Informatik (wie ich damals), ist aber dabei viel, viel besser. Er wird vermutlich ein besserer Informatiker als ich sein. Aber trotzdem hasse ich ihn nicht dafür!

Das ist ja sehr nett von Ihnen!

Ja. Zumindest hasse ich ihn nicht mehr offen. Also nur selten kommt der Hass hervor. Er wird mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich ihn trotzdem zutiefst hasse dafür, mich überflüssig zu machen. Aber eigentlich sollte ich stolz und froh sein, dass er so gut ist. Ich weiß ja, dass das der richtige Ansatz ist. Das meinem Monster zu erzählen, klappt nur nicht so gut!

Nun zu den Arbeiten, die ihnen gefallen. Und die anderen.

Gut, was ich sehr gerne mache, ist, wenn mich jemand bei einem schwierigen Problem um Hilfe bittet. Bei der Ausbildung wurde ich schon öfters von Kollegen gefragt, ob ich ihnen helfen kann. In vielen Fällen war meine erste Reaktion, "Keine Ahnung" zu sagen, aber aus Erfahrung unterschätze ich mich selbst. Deswegen sage ich in solchen Fällen eigentlich immer "Ich kann dir vermutlich nicht helfen, aber wir können es ja versuchen!". Ah, ein gutes Beispiel habe ich: Ich sollte mich die letzten Wochen bei Magento einarbeiten. Ich habe Stunden damit verbracht, Artikel zu lesen, habe aber nichts praktisch umgesetzt. Beim Lesen war ich aber auch sehr abgelenkt, habe also den Großteil der Zeit anderes gelesen. Dann, vor einer Woche, fragte mich ein Kollege, der sich ebenfalls bei Magento einarbeiten soll, ob ich ihm helfen könne. Ich konnte sehr gut helfen. Der Kollege hat zwar faktisch vor mir seinen ersten Magento-Code geschrieben, aber geistig war ich der erste. Gerade gestern habe ich dann meinen ersten Code geschrieben und er funktioniert auch. Ich bin erleichtert, dass ich diese sehr steile Lernkurve nun zum Teil hinter mir habe. Jetzt ist mein Hemmnis deutlich kleiner, mich weiter einzuarbeiten.

Aber Sie haben doch auch etwas anderes sehr gut gemacht, außer anderen zu helfen...

Ja, noch bevor ich die Ausbildung begann, also im Praktikum, habe ich mich in ein React-Projekt eingearbeitet und mit dessen Neuimplementierung begonnen. Ich habe in unter einem Monat das erreicht, was 3 Leute zuvor in einem halben Jahr erreicht haben. Das lag aber daran, dass ich auf mühsame Gruppenarbeit verzichten durfte und dass ich schon vorher die theoretischen Grundlagen sehr gut kannte. Ich habe ähnliches wie React ja schon viele Jahre vorher selbst entwickelt. Und nachdem ich das React-Projekt so ziemlich abgeschlossen habe, habe ich dann meine eigene Alternative zu React entwickelt.

Dazu kommen wir gleich auch noch. Aber vorher die Frage: Ist dieses React-Projekt jetzt ihr eigenes? Wie stehen Sie damit im Unternehmen?

Ich sollte eigentlich nur unterstützend mitarbeiten. Ich fand das Thema aber so interessant, dass ich mehr oder weniger heimlich die Neuimplementierung durchgeführt habe. Als ich dann ziemlich weit war, habe ich meine Kollegen und meinen Vorgesetzten damit konfrontiert und ihnen meine Arbeit vorgestellt. Für alle beteiligten, inklusive Kunden, war dann klar, dass meine Implementierung der anderen deutlich überlegen war. Also habe ich, fast schon hinterhältig, das Ruder an mich gerissen. Die beiden Kollegen haben dann immer weniger am Projekt mitgewirkt und bald war es de facto mein eigenes Projekt.

Was für ein Projekt ist es denn? Dürfen Sie da ins Detail gehen?

Ich kann es ja grob beschreiben. Es gab ein PHP-Backend (also der Server) und ein Frontend, beides zusammen über die Zeit immer weiter gewachsen. Das Backend wurde übernommen und es sollte ein neues Frontend her. Dieses neue Frontend ist mein Hauptprojekt. Für das Backend bin ich aber auch ziemlich viel zuständig, aber zum Glück kennen sich andere auch damit aus. In den letzten Monaten wurde viel am Backend gemacht, weswegen ich mich auf andere Dinge konzentrieren konnte. Die Frontend-Entwicklung ist aber zum Glück auch nicht komplett von mir abhängig. Mein Kollege, mit dem ich noch lange Zeit zusammen daran gearbeitet habe, könnte sicherlich übernehmen, wenn ich nicht mehr da bin.

Nun, wo wir wohl den beruflichen Teil ausreichend besprochen haben, möchte ich nochmal etwas auf den Rest zu sprechen kommen. Vermissen Sie die ganzen Feiern und Treffen im Freundeskreis und den Urlaub am Mittelmeer?

Nö. Und wie Sie sicherlich wissen, hat sich in diesen Punkten wenig bei mir geändert. Ich habe keinen Freundeskreis; höchstens ein Dreieck. Und ich bin höchstens mal nach Südthüringen zu meinem Vater oder mal nach Budapest gereist. Was mir neben der Reise nach Hamburg fehlt, ist die wöchentliche Reise nach Buchholz zur Zukunftswerkstatt. Dort habe ich viele Interaktionen gehabt, konnte mit anderen über technisches reden, die mich dann auch verstanden haben, ich konnte reden (das tue ich sehr gern), ich konnte helfen und ich habe ein paar Leute getroffen, mit denen ich mich deutlich besser verstehen kann, als mit zum Beispiel meinen Mitschülern damals. Also traf ich dort nahezu gleichgesinnte, was für mich historisch eine Ausnahme ist. Freunde habe ich sehr gerne persönlich gesehen. Ich hasse Sozialkontakt über Internet. Er tut mir auf Dauer nicht gut.

Gibt es denn noch Menschen, die Sie treffen oder besuchen?

Ja. Um den Virus nicht weitertragen zu können, hat mein Haushalt nur zu einem einzigen anderen Kontakt, nämlich zu dem meines Freundes. Theoretisch kann man auch den Plural nehmen, also mehr als eine Person dort als Freund bezeichnen. Ich bin alle paar Wochen dort. Ich lege besonderen Fokus darauf, keine festen Termine abzumachen. Das klappt auch ganz gut. Und ich freue mich sogar etwas, dieses Wochenende wieder Zeit für meine Projekte zu haben!

Wo liegt denn jener Haushalt? Reisen Sie mit der Bahn oder wie?

Jener Haushalt liegt etwa 15 Kilometer entfernt von meinem. Ich bin die letzten Jahre fast ausschließlich dorthin gegangen. Die lange an- und ab-Reise ist für mich ein wichtiger Teil des ganzen. Sowohl psychisch als auch körperlich. Jetzt, wo ich nicht mehr zum Bahnhof rennen muss, wenn ich den Bus verpasst habe, habe ich ja sonst kaum noch Bewegung. Ich sitze oft für eine ganze Woche zuhause herum, ohne raus zu gehen.

Also ist Gehen Ihr Sport?

Ja, kann man so sehen. Also ja, eindeutig, meine ich. Sonst mache ich kaum etwas. Und ich werde gelegentlich von Leuten angegriffen, vor denen ich mich dann verteidigen muss. J4H3, welcher leider weiterhin keine Netzseite hat, ist übrigens offizieller Kämpfer. Der könnte mich jederzeit umbringen, aber auch das finde ich ganz gut.

L3P3, Sie haben nun keine Zeit mehr. Ich danke Ihnen für dieses unnötige Gespräch.

Gerne. Passte mir gut.